Gib mir die Freiheit Deiner gebundenen Hände

Herr, gib mir die Freiheit Deiner gebundenen Hände.

Dort, wo Angst mich bindet, binde ich mich in Deine Angst und werde frei. Ich fürchte Dich nicht, weil ich Dich liebe.

Dort, wo ich nichts ändern kann, gebe ich Dir meine gebundenen Hände und verwandle meine Gebundenheit in jene Liebe, die alles neu macht.

Dort, wo Feinde mir begegnen, wo man mir böse ist, und wo ich so gebunden bin und gelähmt, dort schenke ich Deinem Erbarmen und Deiner Liebe diese Gebundenheit. Und die Hände werden sich öffnen und ineinander schlagen im Bund des Friedens.

Dort, wo ich gebunden bin an ein schreckliches Schicksal oder ohnmächtig meinem Nächsten gegenüber, wo ich gebundene Hände habe, die nicht helfen können, lege ich sie, mich bindend, in die Deinen und vertraue Deiner Allmacht mehr als mir.

Herr, gib mir die Ohnmacht, gib mir die Macht, gib mir die Freiheit der Armut Deiner gebundenen Hände, damit ich nichts anderes habe als Dich und so gerade das Einzige weitergebe, was es weiterzugeben gilt: Dich und Deine Liebe.

Herr, gib mir diese innere Freiheit des radikalen Gehorsams, der sich bindet, an Dich und Deine gebundenen Hände, damit ich nicht meinen Willen suche, sondern Deinen. Denn nur Dein Wille macht frei, nur Dein Wille ist Liebe, nur Dein Wille erfüllt mein Leben und das Leben vieler.

Herr, binde meine Hände an die Liebe zu Dir, damit ich die Freiheit und die Universalität Deiner Liebe lebe, die keine Grenzen kennt.

Herr, binde mich, damit ich lebe und den Raum schaffe in meiner Gebundenheit für Dein neues Ostern und Dein neues Pfingsten in meiner Gemeinschaft und in der ganzen Kirche.

Herr, ich bitte Dich, gib mir die Freiheit Deiner gebundenen Hände.


Text: Nach einem Gebet von Bischof Klaus Hemmerle (Aachen)
zum Ordenstag 1983 in Münster

Unbegreiflichkeit

Der Glaube lässt uns begreifen, dass es etwas Unbegreifliches gibt.
Anselm von Canterbury (1033-1109)

Ewigkeit

Das Meer ist keine Landschaft, es ist das Erlebnis der Ewigkeit.
Thomas Mann (1875-1955)